Alles nur geklaut. So der Titel eines frechen, inspirierenden Büchleins, das mir im Museumsshop des Herforder MARTA in die
Hände fiel. Da mein erstes Coaching-Buch unter dem Motto stand: Der Coach stiehlt wo er kann, fühlte ich mich angesprochen und dachte weiter:
Kann Coaching noch mehr von dieser Herangehensweise lernen?
Mein Buch "Coaching mit System. Die Kunst nachhaltiger Beratung" erhielt neben zahlreichen sehr positiven Rezensionen auch eine heftige negative. Dem Chefredakteur eines bekannten Coaching-Magazins war obiges Motto der Anlass zum Total-Verriss des Werks. So what. Ich bleibe dabei: Wir alle stehen mehr unter fremdem Einfluss als uns klar ist und als uns manchmal lieb ist. Nichts ist vollkommen neu. Alles Kreative folgt heutzutage dem, was vorher war. Das gilt für Künstler ebenso wie für Coaches, ihre Theorien und ihre Methoden.
Gutes Klauen, schlechtes Klauen
Natürlich kreiert der gute Coach auch eigene Settings und Interventionen. Nur tut er dies nicht im luftleeren Raum. Die ehrliche Antwort auf die Frage: Woher nimmst Du Deine Ideen? muss eigentlich immer lauten: Ich klaue. Und das ist gut so. Es geht gar nicht anders. Der Autor des eingangs erwähnten Büchleins - er heißt Austin Kleon - beschreibt, was den “Guten Dieb” vom “Schlechten Dieb” unterscheidet:
Beruht das Klauen auf Studium oder auf flüchtigem Blick? Führt das Klauen zur Hommage oder zur Abwertung des Geklauten? Klaue ich bei Vielen oder klaue ich bei Einem? Verwandle ich das Geklaute oder imitiere ich es? Erzeuge ich einen Remix oder produziere ich einen Abklatsch? Und last not least: Nenne ich Credits oder begehe ich geistigen Diebstahl?
Ich klaue und recycle in meiner Coachingpraxis, wenn ich z.B.die Transaktionsanalyse mit dem "Interventionskreuz" kombiniere, wenn ich die "Räume der Veränderung" dynamisiere und um den Keller der Ablehnung erweitere oder wenn ich aus einer Prise Perls, einem Schuss Varga von Kibed und einer gehörigen Portion Rogers ein ergiebige und wirksame Coachingsequenz gestalte.
So arbeite ich auch beim Schreiben von Texten, von Büchern und auch in diesem Blog. Ich lasse mich anregen. Ich greife die Ideen von anderen auf. Ich bewege sie, reibe mich an ihnen oder verinnerliche sie und mache so aus dem Geklauten etwas Eigenes. Dabei sind mir zwei weitere Grundsätze wichtig, deren Formulierung ich jetzt auch von Kleon klaue:
"Die einzige Kunst, mit der ich mich beschäftige, ist die, bei der ich klauen kann.” David Bowie
"Klaue nur von Dingen, die direkt zu deiner Seele sprechen. Wenn du das tust, wird dein Werk (und dein Diebstahl) authentisch sein.” Jim Jarmusch